Erstens kommt es anders ... Worauf wir allerdings nicht vorbereitet waren, war die Reaktion unseres Ersthundes. Vor Bonnis Ankunft hatten wir einen normalen, hin und wieder etwas aufmüpfigen, aber händelbaren Junghund. Mit Bonnis Ankunft änderte sich sein Verhalten schlagartig, denn plötzlich hatte er ein Mädchen. Und dieses Mädchen war ängstlich, hilflos und absolut schutzbedürftig. Damit hatte er eine viel zu große Aufgabe übernommen. Er stürzte sich plötzlich aggressiv auf jeden Rüden, der in unsere Nähe kam. Da Bonni gleichzeitig panisch auf die Besitzer reagierte, war an ein gemeinsames Gassigehen mit beiden Hunden überhaupt nicht mehr zu denken. Und auch wenn ich mit Felix allein unterwegs war, kam er aus seiner neuen Rolle nicht mehr raus. In dieser Zeit fühlte ich mich oft hilflos und überfordert. Mit Bonnis Ängstlichkeit und Panik konnte ich umgehen, aber Felix Aggressivität brachte mich an meine psychischen und körperlichen Grenzen. Somit stand für viele Monate zunächst Felix im Mittelpunkt, wir arbeiten bis heute intensiv mit verschiedenen Trainern und so ganz allmählich wird Felix ruhiger und kann andere Rüden in unserer Nähe aushalten, je nach Temperament und Gemütslage des "Gegners" mal besser, mal schlechter. Bei all dem Streß mit Felix galt es natürlich, Bonnis Entwicklung nicht aus den Augen zu verlieren. Wir verbrachten im letzten Jahr viele Stunden an Supermarktparkplätzen, um Menschen zu beobachten. Seit einem Jahr gehe ich mit Bonni zur Hundeschule in eine Welpengruppe. Dort kann sie aus sicherer Entfernung die unterschiedlichsten Menschen, vor allem auch Kinder, kennen- und aushalten lernen. Sie erlebt die Unbekümmertheit, mit der die anderen Hunde mit ihren Menschen umgehen. Hat sie in den ersten Wochen noch einen sicheren Beobachtungposten hinter einem Wohnwagen bezogen, sitzt oder liegt sie heute mitten drin und kann teilweise sogar schon auf die Spielaufforderungen der Kleinen eingehen.
|
Der Weg ist das Ziel Zu Hause ist Bonni inzwischen ein fast normaler Hund. Sie vertraut uns, fordert und genießt Kuscheleinheiten, ist mit Begeisterung beim Apportieren dabei, wedelt aufgeregt am Zaun, wenn sich die Nachbarn blicken lassen oder sonnt sich einfach entspannt im Garten. Einzig Besuch wird noch immer verbellt, aber sobald alle am Tisch sitzen, gewinnt die Neugier die Oberhand und wenn der Besuch dann noch Leckerlies verteilt, ist das Eis oft schnell gebrochen. Manchmal fragen mich Menschen, die unsere Geschichte kennen, ob ich mich noch einmal auf das Alles einlassen würde. Die Antwortet lautet sofort und ohne Nachzudenken: JA! Was sind schon ein paar Monate Streß gegen das Lachen, mit dem Bonni uns jeden Morgen an unserem Bett begrüßt, gegen die leuchtenden Augen und die Begeisterung, mit der sie das Dummytraining für sich entdeckt hat oder einfach nur das Wedeln, mit dem wir jeden Tag begrüßt werden, wenn wir nach hause kommen. Bonni wird wohl nie freudig auf andere Menschen zugehen, auch werden wir sie nie zu größeren Menschenansammlungen wie Dorffeste oder in die Stadt mitnehmen. Aber das ist auch nicht notwendig. Hier bei uns darf sie so sein wie sie ist und kann ein entspanntes Leben im Rahmen ihrer Möglichkeiten genießen. Wenn Felix und Bonni gemeinsam durch den Garten streifen, keiner lässt den anderen aus den Augen, Felix ganz rührend Bonnis Ohren und Augen sauber schleckt oder beide einfach nur gemeinsam an der Terassentür liegen und in den Garten schauen, wie ein altes, vertrautes Ehepaar, dann weiß ich, wir haben alles richtig gemacht. |
|